Und warum das Thema heute Chefsache ist

Die Bereiche IT (Informationstechnologie) und OT (Operational Technology) waren früher zwei klar getrennte Welten. Heute verschwimmen die Grenzen immer mehr. Was früher vor allem ein technisches Problem war, ist heute ein strategisches Thema: denn es geht längst nicht mehr nur um mehr Agilität und Effizienz – der Druck durch gesetzliche Vorgaben wächst spürbar.

© Open Systems Ein Venn-Diagramm, das IT (Informationstechnologie) mit einer Person, die Computer verwendet (links), OT (Betriebstechnologie) mit einem Roboterarm und einem Arbeiter (rechts) und „IT/OT-Konvergenz“ in der überlappenden Mitte zeigt.

Compliance als Katalysator der Konvergenz

Lange Zeit liefen IT und OT nebeneinander her: IT kümmerte sich um Daten, Nutzer und Unternehmenssysteme, während OT für physische Prozesse, Maschinen und Produktionsabläufe zuständig war. Doch gerade diese Trennung bringt Probleme mit sich – etwa Sicherheitslücken oder blinde Flecken. Regulierungen wie die NIS2-Richtlinie des Europäischen Parlaments oder nationale Cybersicherheitsvorgaben fordern heute umfassende Transparenz, klare Zugriffskontrollen und einen besseren Schutz über alle Bereiche hinweg. Und das funktioniert nur, wenn IT und OT enger zusammenarbeiten.

Gerade für Betreiber kritischer Infrastrukturen ist diese Integration mittlerweile Pflicht. Die früher abgeschotteten OT-Systeme geraten zunehmend in den Fokus. Um die Compliance zu wahren, treiben Unternehmen die Modernisierung ihrer OT-Firewalls voran, setzen auf Zero Trust Network Access (ZTNA) und vernetzen ihre IT- und OT-Systeme für eine bessere Überwachung und schnellere Reaktionszeit bei Incidents. .

Grosses Potenzial, wenn Silos aufbrechen

Neben der Einhaltung regulatorischer Anforderungen gibt es einen starken betriebswirtschaftlichen Anreiz: Laut McKinsey könnte das industrielle Internet der Dinge (IIoT) bis 2030 weltweit einen Wert von 12,6 Billionen US-Dollar bringen. Doch der Schritt von IIoT-Initiativen über Pilotprojekte hinaus scheitert häufig an veralteter Infrastruktur, fragmentierter Governance und Sicherheitslücken.

Was es dafür braucht? Unternehmen müssen die Trennung zwischen IT und OT nicht nur technisch, sondern auch kulturell überwinden. Dazu gehört:

  • Eine gemeinsame Steuerung von IT- und OT-Systemen;
  • Teams mit Know-how aus beiden Welten;
  • Sicherheitsarchitekturen wie SASE, die übergreifend funktionieren.

Wie McKinsey betont: „In den meisten Unternehmen fehlt eine übergreifende Governance-Struktur für IT und OT… Das führt zu doppelten Strukturen, ineffizienten Prozessen und einem Mangel an interdisziplinären Fähigkeiten.“ Ohne einen integrierten Ansatz drohen neben operativen Schwächen auch erhebliche Sicherheitsrisiken.

IT/OT-Konvergenz als strategisches Ziel

Vorausschauende Unternehmen synchronisieren ihre IT- und OT-Bereiche nicht nur aus Sicherheits- und Compliancegründen an, sondern auch, um langfristige geschäftliche Mehrwerte zu schaffen. Die IT/OT-Konvergenz ermöglicht einen reibungslosen Datenfluss, zentralisierte Transparenz und einen stabilen Betrieb über das gesamte Unternehmen hinweg.

Der ICS/OT Cybersecurity Budget report 2025 zeigt zwar: Compliance ist der Hauptgrund für die Konvergenz. Aber laut Forrester gibt es viele weitere Vorteile:

  • Risikomanagement: Einheitliche Bedrohungserkennung und -abwehr in digitalen und physischen Systemen;
  • Geschäftsoptimierung: Verbesserte Transparenz in Prozessen und Lieferketten für höhere Effizienz und geringere Kosten
  • Standardisierung & Agilität: Gemeinsame Plattformen und Richtlinien für mehr Innovationsfähigkeit;
  • Niedrigere Gesamtkosten (TCO): Gemeinsame Softwareverträge, integrierte Ressourcen und vereinfachte Überwachung durch zentrale Tools und Prozesse.

Technologische und kulturelle Treiber des Wandels

Laut dem IoT Analytics IT/OT Convergence Report 2024 wächst der Markt für IT/OT-Konvergenz von 720 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 auf voraussichtlich 1,3 Billionen US-Dollar im Jahr 2030. Dahinter stecken vor allem drei Entwicklung:

  1. Integration von IT in OT: Cloud-native Anwendungen, KI, REST-APIs, Containerisierung und Zero-Trust-Prinzipien werden in OT-Umgebungen integriert.
  2. IT/OT-Integration: Industrial DataOps, Protokollkonverter, Edge Computing und digitale Zwillinge ermöglichen Echtzeit-Einblicke über Domänengrenzen hinweg.
  3. OT wird zunehmend IT-ähnlich: Virtualisierung, Modularität und leistungsfähige Rechentechnik verändern klassische Steuerungssysteme.

Aber: es geht nicht nur um Technik, sondern auch um Menschen und Prozesse. Laut Emerson Report planen 37 % der OT-Verantwortlichen, ihre Daten künftig in der Cloud zu speichern – ein deutliches Signal für steigende Anforderungen an Konnektivität und Cybersicherheit. Gleichzeitig zeigt ein gemeinsamer Bericht von Rockwell Automation und dem Cyentia Institute, dass über 80 % der Sicherheitsvorfälle im industriellen Umfeld in IT-Systemen entstehen und sich später in OT-Systeme ausbreiten. Das macht klar: Sicherheit muss übergreifend gedacht und umgesetzt werden.

Fazit: Von der Fabrikhalle bis in den Vorstand

Was als Reaktion auf regulatorische Anforderungen begann, entwickelt sich zum Katalysator umfassender Unternehmenstransformation. IT/OT-Konvergenz ist weit mehr als nur ein Mittel zur Effizienzsteigerung oder Einhaltung von Vorgaben – sie wird zum Wettbewerbsvorteil.

Unternehmen, die jetzt aktiv werden, schaffen die Basis für mehr Innovationskraft, Anpassungsfähigkeit und Zukunftssicherheit. Wer abwartet, riskiert nicht nur den Anschluss an den Wettbewerb, sondern auch regulatorische Konsequenzen.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einem klaren Kurs: Governance neu denken, interdisziplinäre Kompetenzen fördern und die digitale Strategie auf allen Ebenen verzahnen – vom Serverraum bis zur Produktionslinie.